Meet the Cluster Community: Anselm Fliethmann
1. Warum forschst du zu Ungleichheit?
Ungleichheiten, die auch so wahrgenommen werden, verhindern auf vielfältige Weise, dass wir in unserer Gesellschaft gut miteinander umgehen - sie befördern oft Neid, Missgunst und gesellschaftliche Konflikte. Mit meiner Forschung versuche ich nachzuvollziehen, wann welche Ungleichheiten als Ungerechtigkeit wahrgenommen werden und insbesondere wie Politikerinnen und Politiker durch ihre Äußerungen solche Wahrnehmungen unbewusst verursachen, oder sogar bewusst befördern. Wie framen Politikerinnen Geflüchtete um für spezifische Unterstützungsleistungen zu werben? Welchen Interpretationsrahmen von Geflüchteten beschwören Politiker herauf, um andere Leistungen zu verhindern? Mit meiner Forschung helfe ich dabei, dieses Framing wahrzunehmen und sich dessen in der eigenen Evaluation einer Situation bewusst zu werden. Ein aufgeklärtes Verständnis politischer Kommunikation ist meiner Meinung nach unerlässlich für einen gesunden demokratischen Diskurs. Dies zu befördern sehe ich als Auftrag und Sinn meiner Arbeit.
2. Um was geht es in deiner Arbeit?
Welche Geflüchteten "verdienen" unsere Hilfe? Warum, zum Beispiel, meinten im Jahr 2016 viele Menschen in Deutschland, dass man syrischen Kriegsvertriebenen eher helfen sollte als Vertriebenen aus der Ost-Ukraine? Wie hat sich die Perspektive zum heutigen Tag gewandelt und warum?
3. Wie bist du hier gelandet?
Auch ich bin ein Konschdanzer Eigengewächs und bis heute der Ansicht, dass ich an keiner anderen Universität eine so gute Ausbildung gepaart mit hervorragenden Auslandsmöglichkeiten gehabt hätte. Nach meinem Master war ich unzufrieden mit der Perspektive, dass ich all die gelernten Techniken und Methoden wissenschaftlichen Arbeitens nun in einem Ordner in einer Kiste im Keller verstauen sollte. Dass sich in diesem Moment die Stelle in meinem Forschungsprojekt anbot, und ich in der Ungleichheitforschung eine sinnstiftende Forschungsfrage wahrnahm, war mein großes Glück.
4. Highlight der letzten Zeit?
Im Studium empfand ich die Arbeit mit Forschungsdaten häufig eher als eine Fingerübung ohne konkrete Relevanz. Nun sind mir aus dem Kontakt mit KollegInnen Daten einer Umfrage zur Wahrnehmung von Geflüchteten in 2016 geradezu "in die Hände gefallen". Mit diesen Daten reale Perspektiven auf Geflüchtete nachzuverfolgen und damit im Moment als einer von weniger Menschen überhaupt dieses Stück der Realität besser nachvollziehen zu können, ist wirklich ein irres Gefühl. Ich freue mich, dieses Wissen hoffentlich bald zu veröffentlichen und somit weiter teilen zu können.
5. Traumforschungsprojekt?
Das Träumen überlasse ich zunächst mal noch den kreativeren Seelen ;)
Anselm Fliethmann ist Doktorand am Exzellenzcluster "The Politics of Inequality" und am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen der Universität Konstanz. Sein Dissertationsprojekt ist Teil des Clusterprojekts "Framing Inequalities". Anselms Forschungsinteressen umfassen politische Kommunikation, gewaltsame Konflikte sowie Religion und Konflikt.