Illustration: studio animanova ll Christoph J Kellner

Faktencheck

Das Ungleichheitsbarometer

Wir freuen uns über Ihr Interesse an unserer Forschung. Hier erfahren Sie mehr zu den Ergebnissen des Ungleichheitsbarometer, einem Projekt des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“.

Die folgenden zwei Abbildungen zeigen die Wahrnehmung von Menschen in Deutschland zu sechs verschiedenen Themen. Halten Sie diese Einschätzungen für nachvollziehbar? Wie haben Sie abgestimmt?

Durchschnittliche Zustimmungswerte unter Frauen

(Wahrnehmung nach dem Ungleichheitsbarometer)


Durchschnittliche Zustimmungswerte unter Männern

(Wahrnehmung nach dem Ungleichheitsbarometer)


Subjektive Einschätzungen im Faktencheck

Sehen wir uns die Einstellungen der Bevölkerung im Einzelnen an und vergleichen sie, soweit möglich, mit objektiven Indikatoren.

Habe ich die Möglichkeit, Politik zu beeinflussen?

Teils, teils. Eine wissenschaftliche Studie hat ergeben, dass sich Deutschland im europäischen Vergleich im Mittelfeld befindet. Ähnlich wie die meisten unserer Nachbarländer liegt Deutschland auf einer Skala von 0 (keine politische Partizipation) bis 1 (volle politische Partizipation) bei 0,6. Weniger Einflussmöglichkeiten auf die Politik existieren in Polen (0,4), mehr in der Schweiz (0,8).

Wohlhabende Familie oder harte Arbeit?

Laut dem Ungleichheitsbarometer halten die Menschen in Deutschland harte Arbeit für wichtiger als aus einer wohlhabenden Familie zu stammen. Hier ist die Faktenlage kompliziert, gut belegt ist jedoch die Bedeutung von familiärer Herkunft für die Bildung. Diese hängt nicht nur von eigener Leistung ab, sondern auch stark von der sozialen Herkunft: Über die Hälfte (54 Prozent) der Kinder aus Akademikerfamilien haben selbst einen Hochschulabschluss. Dagegen hat nur ein knappes Fünftel (17 Prozent) der Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsniveau studiert.

Geht es Dir besser als Deinen Eltern?

Bei der Frage, ob jüngere Menschen heute bessere Aufstiegschancen haben im Vergleich zu ihren Eltern, sind die meisten Menschen, laut Ungleichheitsbarometer, skeptisch. Fakt ist: eine Verbesserung der beruflichen Position im Vergleich zu der des Vaters, ist in den letzten Jahrzehnten immer mehr Frauen in Westdeutschland gelungen. Bei Männern gibt es dagegen keine wesentlichen Veränderungen.

„Die Einkommensunterschiede in Deutschland sind zu groß!“

Dieser Aussage stimmen sehr viele Menschen in unserer Befragung zu. Und tatsächlich existieren deutliche UnterschiedeDie obersten 20 Prozent der Haushalte verdienen etwa viereinhalbmal so viel wie die unteren 20 Prozent. Allerdings: Diese Ungleichverteilung hat sich in den letzten 20 Jahren wenig verändert.

Noch ausgeprägter ist die Ungleichheit beim Vermögen: Die obersten 10% der vermögendsten Menschen in Deutschland besitzen etwa 60 Prozent des Gesamtvermögens. Die untere Hälfte der Bevölkerung besitzt daran nur einen sehr geringen Anteil: nämlich knapp 4 Prozent. Auch diese Zahlen sind in den letzten 20 Jahren weitgehend gleichgeblieben.

Wie reich bin ich wirklich?

Bleibt noch eins zu klären: Schätzen die Menschen ihre Einkommenssituation realistisch ein? Die Antwort: Nein! Insbesondere Menschen mit (sehr) niedrigem und (sehr) hohem Einkommen verschätzen sich. Personen mit niedrigem Einkommen überschätzen ihre Einkommenssituation, Personen mit hohen Einkommen unterschätzen ihre Position.

Die Einkommensleiter

Auf der linken Seite zeigt die Einkommensleiter die tatsächlichen Einkommen und deren Verteilung innerhalb der Bevölkerung in 10-Prozent Schritten. Auf der rechten Seite ist zu sehen, auf welcher Einkommensstufe sich Personen selbst einordnen.


Konsequenzen von Fehleinschätzungen

Aus (Fehl-)Einschätzungen können sich reale Konsequenzen ergeben: Wird das tatsächliche Ausmaß an Ungleichheit unterschätzt, wird sie automatisch auch als weniger problematisch angesehen. Das kann in einem nächsten Schritt politisches Wahlverhalten oder die Einstellung zu Aufstiegschancen und zur Besteuerung von Vermögen beeinflussen – auch, und häufig ohne es zu wissen, zum eigenen Nachteil.