Bild: Universität Konstanz

Bilder als Daten für die sozialwissenschaftliche Forschung

Mit dem Forschungspreis der Dr. K. H. Eberle Stiftung in Höhe von 250.000 Euro entsteht an der Universität Konstanz das „Zentrum für sozialwissenschaftliche Bildanalyse“

Wie groß waren die Proteste gegen Präsident Putin in Moskau im Dezember 2011 wirklich? Stehen sich zwei Staatsoberhäupter nahe, wenn die Beziehungen zwischen den beiden Staaten gut sind? Wie viel Emotionalität strahlt ein politischer Akteur in Reden aus? Solche Fragen werden im neuen interdisziplinären „Zentrum für sozialwissenschaftliche Bildanalyse“ (ZESOB) an der Universität Konstanz gestellt, das sich auf visuelle Informationen wie Bilder und Videos konzentriert. Ermöglicht wird die Einrichtung durch die Dr. K. H. Eberle Stiftung, die mit ihrem Forschungspreis 2020 eine Kooperation von Wissenschaftler*innen aus der Politikwissenschaft und der Informatik mit 250.000 Euro fördert. Die Preisübergabe, die pandemiebedingt verschoben wurde, findet heute am 30. Juli 2021 im kleinen Rahmen an der Universität Konstanz statt.

Subtile Informationen aus Bildern
Während die empirische Politikwissenschaft sich traditionell auf eine Reihe verschiedener Datenerhebungsmethoden wie Umfragedaten, statistische Daten wie Wahlergebnisse oder Textdaten wie politische Reden stützt, wurde Bildmaterial bisher nur selten für die politikwissenschaftliche Forschung herangezogen. Dabei können Bilder für die Forschung von besonderem Interesse sein: Aus ihnen lassen sich häufig subtile Informationen herauslesen, die mit gängigen Methoden nur schwer zu erfassen sind.

So werden im Zentrum Methoden entwickelt, die auf der Basis von Bildern von Protestveranstaltungen Schätzungen der lokalen Dichte einer Menschenmenge vornehmen, die wiederum zu einer Schätzung der Gesamtmenge von Protestteilnehmenden kombiniert werden. Untersucht wird ebenfalls, ob sich gute oder schlechte Beziehungen zwischen Staaten aus Bildern ihrer Staatsoberhäupter herauslesen lassen. Schließlich werden anhand von Mimik und Gestik von Redner*innen – wichtige Informationsquellen für das Publikum – Emotionen der politischen Akteur*innen gemessen.

Eine Forschungslücke wird geschlossen
Bildliche Informationen sind darüber hinaus auch häufig über verschiedene internationale Kontexte hinweg verständlich. „Wir sind überzeugt, dass wir durch das ZESOB eine existierende Lücke in der Forschungslandschaft schließen und wichtige Beiträge zur Entwicklung neuartiger Messmethoden in den Sozialwissenschaften leisten können“, so der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Nils Weidmann, Leiter des ZESOB.

Über die Förderung:
Die Dr. K. H. Eberle-Stiftung mit Sitz in Lörrach lobt für wissenschaftliche Vorhaben an der Universität Konstanz einen jährlichen Preis aus. Die Stiftung fördert die Universität seit 2016. Der Preis wird auf Wunsch des Stifters stark leistungsorientiert und im Wege eines Wettbewerbs an der Universität Konstanz vergeben. Er soll der Initiierung zukunftsweisender, innovativer und mutiger Forschungsvorhaben dienen und damit auch einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Profilbildung und damit der Weiterentwicklung der Universität Konstanz leisten.


Faktenübersicht:

  • Forschungspreis der Dr. K. H. Eberle Stiftung in Höhe von 250.000 Euro für das „Zentrum für sozialwissenschaftliche Bildanalyse“ an der Universität Konstanz
  • Kooperation von Wissenschaftler*innen aus der Politikwissenschaft und der Informatik 
  • Leiter ist der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Nils Weidmann, weitere Beteiligte sind Prof. Dr. Bastian Goldlücke (Informatik und Informationswissenschaft) und Dr. Eda Keremoglu (Politikwissenschaft)
  • Laufzeit von 2021 bis 2024