Präferenzen bei der Umverteilung zwischen EU-Mitgliedstaaten: Wahrnehmungen, Eigeninteresse, Identitäten
Projektbeschreibung
Ziele und zentrale Forschungsfragen
Ziel war es, zu verstehen, wie die politische Haltung von EU-Bürgerinnen und Bürgern bezüglich der Umverteilung von Ressourcen zwischen Mitgliedstaaten zustande kommt. Die europäischen Öffentlichkeiten sind bei Themen wie der Haushaltsdisziplin, Ausgaben zur Unterstützung anderer EU-Mitgliedstaaten und der Vertiefung der Währungsunion sehr gespalten. Unsere Hypothese lautete, dass die Meinungen zu diesen Fragen stark von der individuellen Wahrnehmung ökonomischer Grundlagen abhängen. Wir führten ein kompaktes länderübergreifendes Befragungsexperiment durch, bei dem diese Wahrnehmungen mithilfe von randomisierten Informations-Treatments verändert wurden – ein Ansatz aus der Verhaltensökonomie und der Psychologie. Damit wurde es möglich, die theoretische Debatte empirisch anzureichern und erste deskriptive Ergebnisse zu liefern, was die Masse der Bevölkerung bezüglich Ungleichheit in der EU glaubt.
Hintergrund
Ausgangspunkt des Projekts war die Vermutung, dass die Wahrnehmungen der Bürgerinnen und Bürger zum relativen Einkommen verzerrt sind. Im Rahmen eines Befragungsexperiments bereitgestellte randomisierte Informationen korrigierten diese verzerrten Wahrnehmungen und veränderten dadurch die Präferenzen zu Umverteilungsfragen. Unser Ansatz geht damit eine zentrale Herausforderung der gegenwärtigen EU-Politik an und ist in der Lage, Interessen und Erkenntnisse aus der vergleichenden und internationalen Politik, Sozialpsychologie und Ökonomie zu verbinden.
Wir kombinierten unsere interne Expertise zu Umfragen und Datenerhebungen mit bezahlpflichtigem Zugang zu groß angelegten Online-Panelstudien. Diese Studie leistet somit einen Beitrag zum Methods Hub des Clusters und unterstützt sein Ziel der Entwicklung von innovativen Forschungsdesigns.
Methoden
Kern des Forschungsprojekts war eine eigene länderübergreifende Befragung in 13 EU-Mitgliedstaaten, die zusammen einen großen Teil der EU-Gesamtbevölkerung auf sich vereinen und gleichzeitig große Unterschiede beim Pro-Kopf-BIP aufweisen: Italien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Deutschland, Niederlande, Dänemark, Schweden, Irland, Tschechien, Estland, Polen und Bulgarien.
Die Befragten verorteten zunächst sich selbst und ihre jeweiligen Mitgliedstaaten auf der europäischen Einkommensverteilung und erhielten anschließend randomisierte, objektive Informationen zu ihrer eigenen Position und der ihres Landes. Wir erwarteten, dass diese Informationen Veränderungen bei denjenigen Befragten bewirkten, deren Überzeugungen auf falschen oder unvollständigen Informationen beruhten – eine indirekte Manipulation, die die Wirkung von ego- und soziotropischen Befürchtungen offenlegt.
Beteiligte Fachrichtungen
Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaften, Soziologie
Laufzeit
Oktober 2019 - Juni 2022
Literatur
Publikationen
Schuessler, Julian, Dirk Leuffen, Peter Selb, and Thomas Hinz. 2024. “Income, Identity, and Redistribution within and across Countries: Experimental Evidence from the European Union.” Working Paper No. 20. Cluster of Excellence “The Politics of Inequality.”